Am nächsten Morgen geht´s endlich los; wir marschieren mit Martin um 9Uhr15 gemütlich Richtung Camp 1, das wir diesmal bereits relativ mühelos und wesentlich rascher erreichen. Leider erfahren wir unmittelbar nach der Ankunft in Camp 1, dass das Sherpa-Team, welches die Fixseile legt, wieder einen Lawinenunfall über Lager 3 hatte. Zum Glück ist auch dieser Lawinenunfall ohne Tote verlaufen, aber einige Sherpas haben sich Brüche zugezogen und werden in einer gross angelegten Rettungsaktion ins Lager 1 und später ins ABC gebracht. Damit wird klar, dass es wahrscheinlich keinen weiteren Versuch mehr geben wird, um das Leben und die Gesundheit der Sherpas nicht weiter zu gefährden. Ich bin unheimlich deprimiert, dass nach all den Mühen und der langen Vorbereitung nun ein Gipfelgang nicht möglich sein wird; Lukas denkt, dass es vielleicht doch noch eine kleine Chance gibt. Wir machen nur mehr das Allernotwendigste im Zelt und sind bereits um 5 Uhr im Schlafsack, da es wieder extrem kalt geworden ist.
Am Morgen geht’s wieder zurück ins ABC; da wir gestern nur sehr wenig getrunken und gegessen haben sind wir heute etwas geschwächt. Noch gibt es keine endgültige Entscheidung über den Abbruch der Expedition, die grossen Gruppen wie Kobler, Amical und IMG haben aber bereits abgebrochen. Beim Frühstück am nächsten Tag gibt es dann die endgültige Entscheidung zum Abbruch; wegen der anhaltend hohen Lawinengefahr ist kein weiterer Aufstieg möglich. Mit dem Nachlassen der Anspannung treten auch ein paar gesundheitliche Probleme auf (Kreuzschmerzen, Durchfall). Die Enttäuschung ist riesengross, wir beschliessen jedoch das Beste daraus zu machen und nach unserer Rückkehr nach Kathmandu noch ein paar Tage in den Chitwan Nationalpark zu reisen.
Die verbleibenden zwei Tage im ABC, bis wir die Yaks für den Rücktransport bekommen erscheinen nun endlos lang und auch das eintönige Essen erscheint uns nun immer ungeniessbarer. Um die Zeit etwas zu verkürzen, marschieren wir noch gemeinsam zum Nangpa-La, dem Grenzpass zwischen Nepal und Tibet auf 5600 m, der durch die Erschiessung von einigen tibetischen Flüchtlingen durch die chinesische Grenzpolizei vor einigen Jahren traurige Berühmtheit erlangt hat. Die Tibetian Mountaineering Organisation lädt auch noch zu einem gemeinsamen Abschiedstrunk in ihr Basislager, zu dem sich sicherlich mehr als 100 Bergsteiger aus vielen verschiedenen Ländern einfinden und das einen netten Abschluss der Expedition darstellt.